Dachdecker
amh-online.de / argum / Falk Heller

Drohende Schieflage im Handwerk

17. Oktober 2023

Bauhauptgewerbe in Nord- und Mittelthüringen spürt die Auswirkungen der Krise und muss stabilisiert werden

Der im Frühjahr 2022 eingesetzte Negativtrend der Geschäftslage im Nord- und Mittelthüringer setzt sich fort. Zwar liegt der Geschäftsklimaindikator 18 Punkte über dem Wert aus dem Vorjahr, aber 16 Punkte unter dem Wert des Frühjahrs. „Momentan gleicht die Konjunktur einer Berg- und Talfahrt. Mit diesem rasanten Auf und Ab sind Ängste und Unsicherheiten verbunden, die uns die Betriebe widerspiegeln. Von einem Aufatmen sind wir deutlich entfernt“, sagt der Präsident der Handwerkskammer Erfurt, Stefan Lobenstein.

Gemeinsam mit Hauptgeschäftsführer Thomas Malcherek hat er im Rahmen einer Pressekonferenz am heutigen Dienstag (17.10.2023) die aktuellen Ergebnisse der Herbstkonjunktur im Nord- und Mittelthüringer Handwerk vorgestellt und die wesentlichen Herausforderungen der rund 14.000 Betriebe im Kammerbezirk Erfurt, der die Landkreise Eichsfeld, Nordhausen, Kyffhäuserkreis, Unstrut-Hainich-Kreis, Sömmerda, Weimarer Land, Ilm-Kreis und Gotha sowie die kreisfreien Städte Erfurt und Weimar umfasst, skizziert.

Laut Konjunkturumfrage setzt sich die Preisexplosion des Vorjahres für nahezu alle Gewerke fort, wenn auch in einer deutlich abgeschwächten Form. Mit Ausnahme des Gesundheitshandwerks verzeichnen alle Gewerke zudem kleinere bis deutliche Umsatzrückgänge. Am stärksten ist das Nahrungsmittelhandwerk betroffen. Die noch gut gefüllten Auftragsbücher gelten derzeit als Stütze in der aktuellen Schwächephase, wenngleich die langfristige Betriebsauslastung leicht gesunken ist. Entsprechend der angespannten Wirtschaftslage investieren die Betriebe weiterhin nur zurückhaltend in die Zukunft.

Bauhauptgewerbe spürt Auswirkungen der Krise deutlich

Während das Bauhauptgewerbe – dazu gehören unter anderem Dachdecker, Gerüstbauer, Maurer- und Betonbauer, Straßenbauer und Zimmerer – in den Corona-Jahren noch als Konjunkturstabilisator galt, spürt es die Auswirkungen der anhaltenden Energie- und Rohstoffkrise nun deutlich. Jeder vierte Betrieb (+10 Prozentpunkte im Vorjahresvergleich) beschreibt die Situation als schlecht. Die Unternehmen berichten von einer enormen Belastung durch sinkende Auftragsbestände und Realumsätze in Verbindung mit gestiegenen Einkaufspreisen. Das Stimmungstief zeigt sich unter anderem im Beschäftigungsabbau, aber auch in sinkenden Investitionen.

 „Der Bausektor ist eine der Schlüsselbranchen des Nord- und Mittelthüringer Handwerks. Aufgrund der direkten Beziehungen der Tätigkeiten beeinflusst das Bauhauptgewerke zudem zahlreiche Ausbauhandwerke wie etwa Elektrotechniker, Klempner oder Tischler, die nun ebenfalls in Schieflage geraten können. Um solch eine Negativspirale zu vermeiden, muss der Bausektor dringend stabilisiert werden. Andernfalls droht nicht nur die Schwächung der Branche, sondern der Gesamtwirtschaft“, betonte Stefan Lobenstein.

Jetzt zählt Tempo bei der Maßnahmenumsetzung

Das kürzlich auf dem Wohnungsbaugipfel vorgestellte Maßnahmenpaket der Bundesregierung erhält die volle Unterstützung des Handwerks und des Baugewerbes. Die darin enthaltenen Signale sind von großer Bedeutung und sollten zeitnah in die Tat umgesetzt werden. Die verbesserte Förderkulisse, aber auch Maßnahmen zur Baukostensenkung werden sofort gebraucht. „Die Bundesregierung hat offenbar die Dringlichkeit der Situation erkannt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen können einen positiven Ausblick für die Baubranche schaffen und das Vertrauen wiederherstellen“, so Lobenstein.

In ihren „14 Punkten" greift die Bundesregierung zentrale Anliegen des Handwerks und des Baugewerbes auf, darunter die verbesserte Ausgestaltung der KfW-Programme zur Förderung von Eigenheimen für Familien. Positiv ist auch die Aussetzung des EH 40 als verbindlichen Neubaustandard, jedoch sollte eine KfW-Förderung auch bei EH 55 Standard wieder möglich sein.

Die Umsetzung der Maßnahmen muss nun zügig erfolgen, damit Anfang 2024 unter verbesserten Rahmenbedingungen wieder Fahrt aufgenommen werden kann. Betriebe und Beschäftigte benötigen klare Zielsetzungen und Verlässlichkeit, um erfolgreich in die Zukunft blicken zu können.