Das Gildehaus auf dem Erfurter Fischmarkt um 1895. Seit 1925 Sitz der Erfurter Handwerkskammer. Erste konstituierende Sitzung der Kammervollversammlung im Erfurter Rathaus am 26. April 1900.
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Das Gildehaus auf dem Erfurter Fischmarkt um 1895. Seit 1925 Sitz der Erfurter Handwerkskammer. Erste konstituierende Sitzung der Kammervollversammlung im Erfurter Rathaus am 26. April 1900.

Handwerkskammer Erfurt wurde 120 Jahre alt - Sprachrohr der Handwerksbetriebe in Nord- und Mittelthüringen

Die Handwerkskammer Erfurt feierte runden Geburtstag:
Am Sonntag, 26. April wurde das Sprachrohr des Handwerks in Nord- und Mittelthüringen 120 Jahre alt. „Seit 120 Jahren stehen wir den Betrieben im Kammerbezirk als verlässlicher Partner zur Seite. In guten, florierenden Zeiten, aber auch in schlechten Zeiten wie der aktuellen, durch die Corona-Pandemie ausgelösten Krise, die die Handwerker vor enorme Herausforderungen stellt und noch lange beschäftigen wird“, betont Stefan Lobenstein. Der Konditormeister ist seit 2011 der Präsident der Handwerkskammer Erfurt.

Auch wenn die Jubiläumsfeier wegen der strengen Corona-Beschränkungen abgesagt werden musste, blickt die Handwerkskammer Erfurt auf 120 Jahre gelebte Geschichte zurück. Am 26. April 1900 fand die erste konstituierende Sitzung der Vollversammlung im Saal der Stadtverordneten im Erfurter Rathaus statt. Die Handwerkskammer Erfurt wurde gegründet, Schneidermeister Johannes Jacobskötter zum ersten Präsidenten gewählt. Bis 1917 befand sich der Sitz der Handwerkskammer Erfurt in einem Dienstzimmer seiner Wohnung in der Burgstraße 12 in Erfurt.

Der Einfluss der Handwerkskammer Erfurt und ihre Aufgabenbereiche wuchsen rasant. 1925 wurden die Häuser „Zum Breiten Herd“ und „Zum Stötzel“ am Fischmarkt in Erfurt gekauft und zum Sitz der Organisation. Von 1933 bis 1945, den Jahren des Zweiten Weltkriegs, wurde ihre Struktur tiefgreifend verändert: 1937 sind alle Thüringer Kammern zu einer Abteilung der Wirtschaftskammer Thüringen und 1942 zu einer Gauwirtschaftskammer mit Sitz in Weimar zusammengefasst worden. Sieben Jahre später verfügten die sowjetischen Besatzer die Dezentralisierung der Kammer, wodurch Erfurt wieder Hauptsitz wurde.

In der DDR wurden das Handwerk und seine Organisation lediglich geduldet, jedoch von der Entwicklung in Westdeutschland abgekoppelt. „Die Wende war daher der Auftakt eines Neubeginns. Mit dem politischen Umbruch machten sich viele Handwerker selbstständig und wagten den Schritt in das Unternehmertum. Bis heute leisten sie einen unschätzbaren Beitrag für den Mittelstand in Nord- und Mittelthüringen und sind das Rückgrat der Thüringer Wirtschaft“, sagt Lobenstein.

Die Handwerkskammer Erfurt ist die Interessenvertretung von 14.000 Mitgliedsbetrieben in den kreisfreien Städten Erfurt und Weimar sowie den Landkreisen Eichsfeldkreis, Gotha, Ilm-Kreis, Kyffhäuser-Kreis, Nordhausen, Sömmerda, Unstrut-Hainich-Kreis und Weimarer Land. Die Aufgaben sind vielfältig und gliedern sich in vier große Bereiche. Als Partner des Handwerks führt die Handwerkskammer Erfurt unter anderem die Handwerksrolle für zulassungspflichtige Handwerke und Verzeichnisse der zulassungsfreien Handwerke sowie der handwerksähnlichen Gewerbe und die Lehrlingsrolle, das Verzeichnis aller abgeschlossenen Lehrverträge. Darüber hinaus führt und kontrolliert sie Prüfungen, erlässt Prüfungsordnungen und beaufsichtigt die fünf Kreishandwerkerschaften im Kammerbezirk und Innungen.

120 Jahre Handwerkskammer Erfurt
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Als Interessenvertretung des Handwerks hält die Organisation Kontakt zu Behörden und politischen Entscheidungsträgern. Auf diese Weise setzt sich die Handwerkskammer Erfurt für handwerks- und mittelstandgerechte Rahmenbedingungen ein, gibt Stellungnahmen zu neuen Gesetzen ab und prangert Fehlentwicklungen und Missstände an. Im Bereich der Dienstleistungen werden Handwerksbetriebe in Fragen der Existenzgründung und Betriebsübernahme bzw. Betriebsübergabe, aber auch bei betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und technischen Fragen beraten.

Als Bildungswerkstatt unterhält die Handwerkskammer Erfurt ein Berufsbildungszentrum in Bindersleben, in dem Gesellen- und Meisterschüler unterrichtet und Leistungswettbewerbe organisiert werden. „Die Aus- und Weiterbildung von Nachwuchs- und Führungskräften ist und bleibt eine unserer wichtigsten Kernaufgaben. Gemeinsam mit den Unternehmen arbeiten wir kontinuierlich daran, junge Menschen für eine Karriere im Handwerk begeistern zu können“, sagt Stefan Lobenstein. Um das Ziel zu verfolgen, hat die Handwerkskammer Erfurt allein in den vergangenen Jahren viele Initiativen ins Leben gerufen. Dazu zählt unter anderem das Handwerkergymnasium an zwei Erfurter Schulen, das deutschlandweit Vorbildwirkung hat, sowie der Wettbewerb „Gesichter des Handwerks“.

Die 120 Jahre lange Geschichte, auf die die Handwerkskammer Erfurt blickt, verpflichtet. „Wir verstehen die Tradition als unsere Wurzel, die Innovation als unser Wachstumselixier. Diese Balance macht die zahlreichen Erfolge im Handwerk aus. Und sie wird uns auch helfen, die Corona-Krise zu überstehen“, so Lobenstein.



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