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Neue Hürden für Handwerksbetriebe

12. März 2021

Thüringer Handwerk kritisiert Details der neuen Verordnung des Freistaats

Am heutigen Freitag, neun Tage nach dem jüngsten Bund-Länder-Gipfel am 3. März 2021, ist die neue Thüringer Verordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie veröffentlicht worden. Sie tritt am Sonntag, 14. März2021 in Kraft und hält weitere Öffnungsschritte bereit, die unter anderemdie Handwerksbetriebe in Nord- und Mittelthüringen betreffen. „Grundsätzlich begrüßen wir die Öffnungsschritte, weil sie unseren Betrieben nach monatelangem Stillstand endlich eine Perspektive bieten. Nichtsdestotrotz kommt die Verordnung – mal wieder – viel zu spät. Mit der heutigen Veröffentlichung sind die Betriebe dazu gezwungen, innerhalb von 24 Stunden zu reagieren. Gerade am Wochenende können viele nicht so schnell mitgehen und werden dadurch handlungsunfähig gemacht. Das ist unzumutbar und ein erneuter Schlag in das Gesicht derjenigen, die sowieso schon stark von der Pandemie gebeutelt sind“, sagt der Präsident der Handwerkskammer Erfurt, Stefan Lobenstein.

Während der Bund einige Öffnungsschritte bereits ab 8. März vorgesehen hatte, zögerten sie sich in Thüringen hinaus, weil die alte Verordnung bis zum 15. März Gültigkeit hatte. „Das hat zu großer Verwirrung geführt. Die Bevölkerung kommt gar nicht mehr mit, welche Regeln nun wirklich wo gelten“, sagt Stefan Lobenstein. Die Kurzfristigkeit der Veröffentlichungder neuen Verordnung verschärfe dieses Problem weiter, insbesondere für die Betriebe, die wie Kosmetiker, Fuß- und Nagelpfleger auf Terminbasis arbeiten. „Sie mussten abwarten, bis das Land grünes Lichtfür den Re-Start gegeben hat. Wegen des langsamen Handelns der Verwaltung müssen sie ihre Kalender nun in kürzester Zeit füllen – oder stehen ohne Kunden und ohne Arbeit da. Die Öffnung ab Dienstag ist damit lediglich eine theoretische. So kann man nicht mit ihnen umgehen“, betont der HWK-Präsident.

Die Öffnung für die körpernahen Dienstleistungen ist zudem an strenge Auflagen gebunden. Bei Behandlungen, bei denen eine qualifizierte Gesichtsmaske nicht oder nicht durchgängig getragen werden kann, etwa im Gesicht, soll der Kunden einen tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttest vor Ort unter Anleitung und Beobachtung eines Mitarbeiters absolvieren. Erst ein negatives Ergebnis gewährt den Zugang zum Betrieb. „Statt Unsicherheiten zu nehmen wirft die neue Verordnung viele neue Fragen auf: Wo können die Tests erworben werden? Wer übernimmt die Kosten? Und müssen sie vor dem Geschäft, im Freien, absolviert werden? Die praktische Umsetzung ist ungeklärt, was die Ängste und Sorgen verstärkt. Womöglich bleiben Kunden aus genau diesem Grund fern, was in der Summe die Existenznot der Betriebe weiter vorantreiben wird. Damit ist den Betrieben in keiner Weise geholfen, damit werden sie vor zusätzliche Hürden gestellt“, betont Stefan Lobenstein.

Das Handwerk sei zwar bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber auf genaue Informationen angewiesen. „Uns haben in den vergangenen Tagen viele Anfragen erreicht, aber die Handwerkskammer Erfurt kann weder Informationen zur Beschaffung der Tests bereitstellen noch Vorgaben zur Testung der Kunden und Beschäftigten machen. Hier ist das Land gefragt“, erklärt Lobenstein.

Darüber hinaus soll laut neuer Verordnung die verantwortliche Person des Betriebs – auch die der bereits seit zwei Wochen geöffneten Friseursalons – ein angepasstes Infektionsschutzkonzept einschließlich eines Testkonzepts für die Beschäftigten erstellen, vorhalten und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorlegen. „Damit werden die bereits während des ersten Lockdowns erarbeiteten und umgesetzten Hygienekonzepte der Betriebe abermals negiert, was zu extremer Frustration führt. Die Landesregierung muss endlich anerkennen, dass die Betriebe ihre Hausaufgaben längst erledigt haben“, so Lobenstein.

Keinerlei Perspektive bietet die neue Thüringer Verordnung der Gastronomie und Hotellerie und den indirekt von der Corona-Pandemie betroffenen Handwerksbetrieben, die von deren Aufträgen leben. „Ihnen geht langsam, aber sicher die Luft aus, sowohl finanziell als auch moralisch. Wo immer epidemiologisch vertretbar, muss das wirtschaftliche Leben schnellstens wieder ermöglicht werden. Nur so kann ein Ausbluten der Betriebe verhindert werden“, fordert der HWK-Präsident.