Konjunktur
HWK EF

Gestiegene Einkaufspreise und Lieferengpässe dämpfen die AussichtenKonjunktur im Nord- und Mittelthüringer Handwerk erholt sich

Die konjunkturelle Dynamik der Nord- und Mittelthüringer Handwerksbetriebe hat im Herbst allmählich an Fahrt aufgenommen. Viele Gewerke sind auf Erholungskurs von den tiefen Einschnitten der Corona-Krise. Der Anschluss an das Vor-Pandemie-Niveau verläuft dabei unterschiedlich schnell. Noch sind nicht alle Folgen der Krise überwunden. Diese Ergebnisse legten die Vertreter der Handwerkskammer Erfurt, Stefan Lobenstein (Präsident) und Thomas Malcherek (Hauptgeschäftsführer) am heutigen Dienstag (02.11.) bei einer Pressekonferenz vor.

Neun von zehn Betrieben sind zufrieden

Im Zuge der aktuellen Konjunkturbefragung berichten 90 Prozent der Betriebe von einer „guten“ oder „befriedigenden“ Lage. 10 Prozent beurteilen ihre Situation als „schlecht“. Der Geschäftsklimaindikator1, der auch die Erwartungen berücksichtigt, liegt mit 116 auf einem hohen Niveau – wenngleich noch Luft nach oben zu den Rekordwerten der Vorjahre bleibt (Herbst 2017: 162, Herbst 2019: 125). In diesem Frühjahr war der Indikator auf 75 Punkte abgestürzt.

Bauhandwerk stützt Konjunktur

Die konjunkturelle Stütze bilden weiterhin die Bau- und Ausbaugewerke. Sie sorgen für ein optimistisches Stimmungsbild der Gesamtlage. Diese Betriebe zeigten sich von der Pandemie nur leicht betroffen, negative Auswirkungen waren und sind diesbezüglich kaum spürbar. Im Bauhaupthandwerk berichten 63 Prozent der Befragten von einer guten Geschäftslage, im Ausbauhandwerk 69 Prozent. In den Baugewerken liegen zwei Drittel der Auftragsreichweiten bei 12 Wochen oder mehr.

Differenziertes Stimmungsbild in den unterschiedlichen Gewerken

Gleichzeitig hat die Entspannung der Pandemie-Lage auch in anderen Branchen, wie dem Kfz-Handwerk, für eine positive Dynamik gesorgt. Wenn auch, je nach Gewerkegruppen und betrieblichen Schwerpunkten, deutliche Unterschiede bestehen. Bei den in Thüringen typischerweise kleinteilig geprägten Handwerkern mit im Durchschnitt geringen Mitarbeiterzahlen ist die Situation deutlich weniger positiv zu bewerten als bei Betrieben mit einer höheren Mitarbeiterzahl. Insbesondere bei Kleinstbetrieben beurteilt fast ein Drittel die Lage noch immer als schlecht (2 Prozent weniger als im Vorjahr). Dagegen sind die Veränderungen in den
mitarbeiterstärkeren Betrieben deutlich positiver. Bei Großbetrieben beispielsweise beurteilt kein einziger die Geschäftslage negativ.

Erholung nach Corona kein Selbstläufer

Trotz der leichten Klimaaufhellung stellt das hohe Ausmaß der aus dem Takt geratenen (globalen) Lieferketten und die damit verbundenen Engpässe das Handwerk vor große Herausforderungen. Rohstoffe, Materialien und Vorprodukte fehlen in allen Handwerksbereichen. Zudem haben sich ihre Einkaufspreise extrem erhöht. Als Folge verzögert sich die Fertigstellung von Bauten, aber auch Werkzeuge für die Industrieproduktion fehlen immer häufiger. Die Auswirkungen der Engpässe spüren auch Privatkunden immer häufiger. Auf die Reparatur ihres Fahrzeugs oder der Armbanduhr müssen sie teilweise lange warten. Dadurch entgehen den Betrieben wichtige Umsätze, die sie gerade jetzt nach dem Ende der Corona-Lockdowns dringend bräuchten, um neue Liquidität und Substanz aufzubauen.

Erwartungen für das Jahr 2022 befriedigend

Bei der Erwartungslage für das Jahr 2022 ist ein Erholungstrend über alle Gewerbegruppen zu erkennen. Dreiviertel der Betriebe sehen eine befriedigende Lage voraus. 82 Prozent der Betriebe erwarten weiterhin steigende Ein- und Verkaufspreise. So werden höhere Umsätze und mehr Investitionsfreude erwartet. Trotz Erholung über alle Gewerke hinweg wird es wohl noch eine gewisse Zeit brauchen, um die Auswirkungen von 1,5 Jahren Pandemie zu überwinden. Es liegt weiterhin ein Weg voller Herausforderungen vor den Nord- und Mittelthüringer Handwerksbetrieben, bis diese wieder an das Niveau der Zeit vor der Corona-Krise
anknüpfen können.

(1 Geometrischer Mittelwert aus „guter“ und „schlechter“ Geschäftslage sowie „guten“ und „schlechten“ Geschäftserwartungen. Der Wert von 100 Punkten bildet die Grenze zwischen positiver und negativer Konjunkturlage im Handwerk.)