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Knappes Material und gestiegene Preise

06. Mai 2021

Bauhaupt- und Ausbaugewerbe stehen vor großen Herausforderungen

Bislang ist das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe in Nord- und Mittelthüringen vergleichsweise gut durch die Corona-Pandemie gekommen, doch jetzt droht die Branche in eine „verzögerte Krise“ zu rutschen. „Obwohl die Auftragsbücher voll sind, können Handwerksbetriebe ihren Berufsalltag nicht wie gewohnt gestalten und müssen Mitarbeiter teilweise sogar in Kurzarbeit schicken. Aktuell sind zwei Probleme drängend: Die Materialknappheit und die deutlich gestiegenen Preise“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Erfurt, Thomas Malcherek.

Immer mehr Betrieben geht wichtiges Material wie Dämmstoffe, Holz und Stahl aus. Das liegt an den nach wie vor gestörten internationalen Lieferketten, aber auch an den Exporten von zum Beispiel heimischem Holz in die USA und nach China. Die regionalen Betriebe müssen auf importiertes Holz zurückgreifen, das deutlich teurer ist. „Das ist nicht nur eine Katastrophe für die Ökobilanz, sondern kann die Betriebe in Nord- und Mittelthüringen massiv ins Wanken bringen. Durch die Engpässe und die langen Lieferzeiten kommt es zu Verzögerungen auf den Baustellen, im schlimmsten Fall zum Baustopp. Neben der verständlichen Frustration der privaten und gewerblichen Bauherren, die in der Folge von einem Nachfolgeauftrag Abstand nehmen könnten, hat das verheerende finanzielle Folgen für die Betriebe“, sagt Thomas Malcherek. In der Regel stellen sie ihre Rechnung erst mit der Baufertigstellung. Zögert sich diese immer wieder und immer weiter heraus, wird die Liquiditätsdecke dünner.

Dominoeffekt befürchtet

Hinzu kommen deutlich über die normale Preissteigerung gestiegenen Materialkosten. „In diesem Ausmaß waren sie nicht vorhersehbar und sind dementsprechend nicht in die Angebote eingeflossen. Die Betriebe bleiben auf den Kosten sitzen, was gerade in der aktuellen Zeit eine große Herausforderung ist. Das kann einigen Betrieben das Genick brechen und zu Pleitewellen führen “, sagt der Hauptgeschäftsführer. Er befürchtet zudem einen Dominoeffekt auf weitere Gewerke, die nachführende Aufträge nicht wie geplant ausgeführt werden können.

Die Handwerkskammer Erfurt appelliert an das Verständnis der Kunden. Außerdem regt sie an, für alle Seiten tragfähige Kompromisse zu finden. Betrieben wird empfohlen, ihre Angebote mit einem Preissteigerungsvorbehalt zu versehen und ihre Vertragsklauseln anzupassen, um zum Beispiel Verzugsstrafen zu vermeiden.

Darüber hinaus brauche es – trotz freier Marktwirtschaft – einen Dialog mit der Politik und ein Gegensteuern. „Um die regionalen Betriebe und damit die Wirtschaft zu unterstützen, müssen die Wertschöpfung vor Ort und der Nachhaltigkeitsgedanke gestärkt werden“, so Thomas Malcherek.